Schnesel
Das ausgegangene Dorf Schnessel, Snesle, Senesele, Snezel
Wo es gelegen, ersehen wir aus dem Namen eines Teils der herrlichen Feldflur an der Weser zwischen Ohsen und Grohnde, das Schnesseler Feld. Schon im Jahre 1010 schenkte in Snesla ein Gutsbesitzer Helmward für die Seelenruhe seiner Mutter Adda eine hübsche Anzahl Äcker dem Stifte Corvey.
Die meisten Güter in Schnessel waren Besitztum der bischöflichen Kirche zu Minden. Der Graf von Everstein trug von ihr einen Hof und 4 Mansen zu Lehn; er machte im Jahre 1289 diese aus dem Lehnverbande dadurch frei, daß er 5 ½ Mansen Allodial Eigentum in Selxen (bei Aerzen) dem Stifte dagegen auftrug (das Stift hinsichtlich dieser Güter als Lehnherrschaft erkannte).
Nach einer Urkunde vom Jahre 1339 genehmigte der Bischof von Minden als Lehnsherr, daß die von Hastenbeck einen Sattelhof mit 2 Hufen Landes in Schnessel an die von Hake abtreten[1]. Auch die Grafen von Schwalenberg hatten hier verschiedene Güter, in einer Urkunde vom Jahre 1298 bestätigen sie die dem Kloster Amelungsborn gemachte Schenkung eines Hofes Arnoldis de Embese[2] und dessen Frau Mechthild[3], und aus einer Urkunde vom Jahre 1309 geht hervor, daß sie einen Hof hier besaßen, welcher der Burghof genannt wurde. Spuren von Mauerwerk sind noch jetzt an der betreffenden Stelle bemerkbar. Erwägt man, daß es hier heißt: „der Burghof genannt“, daß der Hof also nicht wirklich ein Burghof mehr war; vergleicht man damit, daß nach einer gleichzeitigen Urkunde vom Jahr 1316 das Kloster Kemnade von Stifte St. Martini in Minden hier Güter kaufte „welche seit langer Zeit wüste lagen“, so ist wohl anzunehmen, daß der Ort bereits im 13. Jahrhundert oder früher eine Verwüstung erlitten hatte, worüber indes weitere Nachrichten fehlen.
Das 12. und 13. Jahrhundert war ja eben die Zeit, in welcher die Fehden und Plündereien des Adels allgemein im Gange waren und die Kriege gegen Heinrich den Löwen und seine Söhne stattfanden, welche von den schrecklichsten Verheerungen der Ortschaften begleitet wurden.
Die adelige Familie von Stockheim besaß hier den Linthof, welcher nicht unbedeutend gewesen sein muss, da im Jahre 1461 ihn zwei Gevattern, jeder zur Hälfte inne hatten, von dem Bernhard von Stockheim, Knappe, seine Hälfte an die von Hake verpfändete. Der Linthof trug wahrscheinlich seinen Namen von seinem morastartigen Boden. Denn „Lind“ ist der alte Ausdruck für weich, biegsam etc. und die Sumpfschlange wurde der Lindwurm genannt. In der Nähe des Schnesseler Feldes ist noch jetzt ein kleiner Sumpf von einigen Morgen groß, welcher Augenscheinlich als Überbleibsel eines größeren anzusehen ist. Bei den Übertragungen der hiesigen Güter jener Familie von Stockheim an die Burgmänner von Ohsen, dann an die von Frenke, ist bemerkenswert, daß die Urkunde vom Jahre 1387, wovon das Original im Hakeschen Familien-Archiv vorfanden, nicht auf Pergament, sondern auf Papier geschrieben ist: es ist das uns vorgekommene älteste Dokument dieser Art.
[1] Meinardus, Otto, Urkundenbuch, a.a.O., 343
[2] Arnold v. Emmern
[3] Meinardus, Otto, Urkundenbuch, a.a.O., 129
(Text von Karl Schlutter, handschriftliches Manuskript um 1900, veröffentlicht in Bd. 1 der Schriftenreihe des Historischen Archives, Emmerthal 2010)
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